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Der unschätzbare Wert von Beziehungen im Alltag



„Ich wünsche Dir wie immer gleich wieder einen perfekten Parkplatz und überhaupt einen richtig guten Tag – bis später“. Ich höre die Sprachnachricht von Jenny, meiner Webdesignerin im Auto zu Ende und parke gerade genau vor dem Ärztehaus, in dem ich heute einen Termin habe und lächle in mich hinein.


Man kann ja zu Sprachnachrichten sehr unterschiedlich stehen – manche finden sie sehr anstrengend, für viele Menschen ist es eine schöne Kommunikationsmöglichkeit. Ob per Sprachnachricht, beim Telefonieren, Schreiben oder in einer direkten Begegnung - es ist einfach sehr schön, das Gefühl zu bekommen, dass jemand an einen denkt, neben oft auch organisatorischen Nachrichten, Arbeitsthemen (wie z.B. die Zusammenarbeit zur Homepage) auch andere kleine und große Themen auf dem Schirm hat und dabei mitfühlt.


So wie sich Jenny gemerkt hat, wie nervig es manchmal ist, (k)einen Parkplatz zu finden und wie sehr ich mich einmal während eines Telefonats gefreut habe, dass ich einen so perfekten Parkplatz gefunden hatte. Sie beginnt Nachrichten immer mit einer aufmerksamen Frage, einem netten Wunsch und schon gleich fängt der Tag sehr schön an (ein Hoch auf die Zeitverschiebung zwischen Köln und Dubai). Im Wirbel des Alltags sind es oft die kleinen Gesten, die einen tiefgreifenden Einfluss auf unser Leben haben. Ein Wunsch für einen guten Tag mag simpel erscheinen, doch in Wirklichkeit ist es ein Ausdruck echter Aufmerksamkeit und Fürsorge. 



Diese Momente schenken uns das wertvolle Gefühl, dass jemand an uns denkt und uns aufrichtig schätzt. Es ist diese gegenseitige emotionale Stärkung, die sowohl  Sender*in als auch Empfänger*in bereichert.


Unsere Beziehungen zu pflegen, ist ein wesentlicher Bestandteil unseres Wohlbefindens. Eine flüchtige, aber warmherzige Begegnung im Treppenhaus oder in der Bahn z.B. kann uns bereits ein Gefühl von Zugehörigkeit und Verbundenheit geben.


Beziehungen sind jedoch nicht immer einfach: Die Balance zwischen unseren eigenen Bedürfnissen und denen der anderen zu finden, kann eine echte Herausforderung sein. Mal fühlen wir uns unter Druck gesetzt, mal scheinen Beziehungen zu locker und unverbindlich. Eine Mutter oder ein Vater muss dagegen z.B. regelmäßig die eigenen Bedürfnisse hinten anstellen. Manchmal gibt es auch in anderen Zusammenhängen Situationen, in den man einfach für die/den andere/n da ist und etwas anderes gar keine Option ist. Fast jede Beziehung und die vielen Erlebnisse mit unseren Kontakten im Alltag – ob privat oder beruflich – sind Chancen, zu lernen, zu wachsen und nicht selten heilen dabei alte (psychische) Wunden.


Insbesondere dann, wenn wir rückblickend erkennen, dass wir vielleicht nicht immer achtsam mit den Bedürfnissen anderer oder unseren ehrlichen eigenen Wünschen umgegangen sind. Wenn wir immer besser verstehen, wer uns wie in der Vergangenheit geprägt hat - natürlich ganz besonders in der Kindheit - ermöglichen es uns diese Erkenntnisse in zukünftigen Begegnungen sensibler, aufmerksamer und klarer zu sein.


Respekt für die Grenzen anderer und eine gesunde Selbstfürsorge sind die Säulen harmonischer Beziehungen und auch für die gesamte (seelische) Gesundheit sehr wichtig. Es sind oft die unabsichtlichen Missverständnisse, die uns die wertvollsten Lektionen lehren. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen unseren eigenen Wünschen und denen der anderen zu finden, bedeutet manchmal, mutig „Nein" zu sagen, auch wenn es andere überraschen oder enttäuschen könnte. Diese „liebevolle Strenge" bzw. Klarheit gibt nicht nur Kindern im Umgang mit ihren Eltern und anderen Erwachsenen Halt und Orientierung, sondern hilft letztendlich jede Beziehung ehrlicher und ausgeglichener zu gestalten. Gleichzeitig erfordert es aber auch Offenheit für die Perspektiven und Bedürfnisse anderer, selbst wenn diese von unseren eigenen abweichen.


Empathie und aktives Zuhören sind dabei unverzichtbar. Wenn wir uns in andere hineinversetzen, verstehen wir besser, wie unsere Handlungen und Worte wahrgenommen werden könnten. Dies stärkt nicht nur die gegenseitige Wertschätzung, sondern festigt auch das Vertrauen und die Nähe in unseren Beziehungen.



Aus Fehlern zu lernen und sich weiterzuentwickeln, ehrlich zu sich selbst zu sein und klar zu kommunizieren, zeugt von emotionaler Reife. Dabei ist es aber auch wertvoll, sich selbst und anderen gegenüber Nachsicht zu zeigen. Wir alle sind lernende Wesen auf unserem eigenen, einzigartigen Weg. Indem wir unsere Beziehungen bewusst und achtsam gestalten, schaffen wir ein Umfeld, in dem sich im optimalen Fall jede/r respektiert, verstanden und geschätzt fühlt. Dies trägt nicht nur zu unserem persönlichen Wohlbefinden bei, sondern fördert auch eine empathischere und gesündere Gesellschaft.


Manchmal sind es auch einmalige und zufällige Begegnungen: Eine Freundin berichtete mir vor kurzem von einer sehr herzlichen Begegnung mit einem „ADAC-Mann", der sich, nachdem er ihr geholfen hatte, 1000 Mal bedankte, dass sie so freundlich zu ihm gewesen sei. Zusätzlich äußerst hilfsbereit war ein Kioskbesitzer, der meine Freundin und den helfenden ADAC-Mitarbeiter „aufs Haus“ mit warmen Getränken versorgt hatte.


Die beiden Männer seien heute fast nur sehr unfreundlichen Menschen begegnet und seien zwischenzeitlich richtig frustriert und schlecht gelaunt gewesen, würden jetzt jedoch richtig gut gelaunt in den Feierabend gehen. Ihr kam es fast verdreht vor: Sie war doch den beiden total dankbar. Am Ende waren sie es alle drei.


Mal prägen und berühren uns besonders bedeutsame Beziehungen – wie Liebesbeziehungen, Familien, Freundschaften usw. mal solche wie bei meiner Freundin eher „so nebenbei“. Mal stimmt die Passung sehr und man kann richtig im Kontakt auftanken und fühlt sich sehr wohl, mal passt es weniger oder verändert sich mit der Zeit. Es gibt Menschen, die womöglich noch oder zeitweise nicht ganz so zufrieden in ihren Beziehungen sind und vielleicht etwas Geduld brauchen bis sich etwas ändert - innerhalb der bestehenden Beziehungen und/oder durch neue Begegnungen. Manchmal kennt man sich in Konakten gefühlt in- und auswendig, mal ist der Kontakt (zunächst) nicht so vertraut. Manchmal ist man sich räumlich nah, teils kommuniziert man mit Zeitverschiebung, in einer anderen Sprache mit Hintergrundgeräuschen aus dem jeweiligen Alltag vom anderen Ende der Welt, mal ist es ein tolles Geschenk, das per Post zugeschickt wurde, das ein sehr gutes Gefühl auslösen kann und die jeweilige Bindung auf sehr schöne Weise spürbar wird.


Beziehungen/Bindungen sind also im „normalen Leben“ und auch in Therapien eine sehr wichtige Basis, die uns Halt geben kann.

(Mehr zu sog. „therapeutischen (Übertragungs-)Beziehung“ und deren Bedeutung in Behandlungen folgt bald hier.) Sie bereichern uns oft mit Humor, Empathie, Liebe, manchmal mit konkreten Hilfen und Aufmerksamkeiten (z.B. einem gutes Rezept) und guten Wünschen. So bekomme ich mit Jenny`s Sprachnachrichten immer einen guten Parkplatz😉.




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